Nach dem 30. Januar 1933 wurde die SA (Sturmabteilung) zu einer Massenorganisation mit mehreren Millionen Mitgliedern. Diese Zahl darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die eigentliche Bedeutung dieser NS-Organisation in der sogenannten „Kampfzeit“ lag, also den Jahren vor 1933, als es galt, den Führern und Rednern der NSDAP die Möglichkeit freier Rede zu gewährleisten, diese notfalls zu erkämpfen. Der Autor ist nicht nur gewissenhafter Chronist dieses aufwühlenden Geschehens, sondern außerdem ein Zeitzeuge ersten Ranges: 1931/32 gehörte er selber einem Berliner SA-Sturm an und half der NSDAP beim Kampf um die Macht. Später war er ranghoher Mitarbeiter von Joseph Goebbels im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Bis zu seinem Tod im argentinischen Exil 2008 blieb er seinen politischen Überzeugungen treu.
Wilfred von Oven – Erinnerungen an die SA. Chronist und Zeitzeuge 1931-1934. ARNDT-Verlag Kiel, überarbeitete Neuauflage 2019, 204 Seiten, gebunden im Großformat, 25,95 €.
Einblicke und Anekdoten: Buchbesprechung aus N.S. Heute #33
In der vorliegenden Ausgabe „Erinnerungen an die SA“ aus dem ARNDT-Verlag hält der ehemalige Pressereferent von Joseph Goebbels im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Wilfried von Oven, eine Rückschau auf die Geschichte der SA. Die Aufzeichnungen sind teilweise autobiographisch, zum Teil beruft er sich auch auf Erinnerungen anderer Personen.
Das Buch ist nicht strikt chronologisch aufgebaut, es ist vielmehr eine Aneinanderreihung von Anekdoten und kleinen Geschichten. Detailreich und ausgiebig wird zunächst dargestellt, warum die SA überhaupt eine braune Uniform trug, war doch braun eigentlich nicht die „Parteifarbe“ der NSDAP. In den Kapiteln werden sehr viele Namen genannt, die wichtigsten Personen werden im Text anhand kurzer Lebensläufe vorgestellt. Dabei ist es sehr interessant zu lesen, dass auch später hochrangige Politiker einmal „klein“ angefangen haben und mitunter auch den Gummiknüppel der Polizei zu spüren bekamen.
Das vorherrschende Thema des Buches ist der Konflikt über die Stellung der SA kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. So forderte der SA-Führer Ernst Röhm bekanntermaßen die „zweite“, nämlich die „soziale Revolution“, welche der „nationalen Revolution“ des 30. Januar 1933 folgen solle, während Hitler der Meinung war, das Volk verlange nun erst einmal nach Ordnung und Ruhe und nicht nach permanentem Aufruhr. Den verhängten Aufnahmestopp für neue Mitglieder ignorierend, schuf Röhm gleichzeitig die nächste Front durch das weitere Aufblähen der Mitgliederzahl der SA.
Röhm, der „seine“ SA von Anbeginn eher als eine (para-)militärische Organisation ansah und nicht als eine Schutz- und Ordnungsabteilung für Demonstrationen und Rednerveranstaltungen, vergab immer mehr Posten innerhalb der SA, um daraus eine zunehmend eigenständige Organisation zu formen, die weitgehend unabhängig von der NSDAP agieren sollte. Ferner schürte er den Unmut gegenüber der Parteiführung, was darin gipfelte, dass gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Partei und SA erwartet wurden, wie man sie bereits aus der „Kampfzeit“ in der Weimarer Republik kannte. Zudem soll Röhm über einen Geheimagenten sogar versucht haben, diskrete Verhandlungen mit England zu führen. Das Ende ist bekannt: Mit dem sogenannten „Röhm-Putsch“ im Juni/Juli 1934 fanden die „Verräter“ und „Quertreiber“, wie von Oven es formuliert, ihr Ende, was in der Folge zu einem enormen Bedeutungsverlust der SA führen sollte.
Insgesamt kann man dieses Buch durchaus empfehlen, sofern es den Leser nicht stört, dass dieses Buch keinen chronologischen Aufbau hat, sondern es sich um eine Aneinanderreihung von Geschichten und Erinnerungen handelt. In den geschilderten Anekdoten gibt es für den Leser jedenfalls einige hochinteressante Einblicke und Informationen zu entdecken.
Diesen Artikel haben wir am 30.06.2020 in unseren Katalog aufgenommen.