Die rechtslibertäre Versuchung
Der neue argentinische Präsident Javier Milei, die »jungen Wilden« der US-Republikaner wie J. D. Vance oder Blake Masters, und über allem der Schatten des Risikoinvestors und Big-Data-Titanen Peter Thiel: Wo Hochtechnologie und das große Geld zusammenkommen, aber die richtige – progressive – Gesinnung fehlt, ist mittlerweile schnell von einem neuen Feudalismus oder gar einer »Neoreaktion« die Rede. Doch was soll das eigentlich sein?
Am Ende geht alles zurück auf einen hochbegabten, aber arbeitslosen Informatiker und einen antihumanistischen Philosophen des »Akzelerationismus«. In seiner ideengeschichtlichen Analyse zeichnet Nils Wegner nach, wie Curtis Yarvin alias »Mencius Moldbug« ab 2007 ein Netzwerk um seine persönliche Auslegung der europäischen Geistesgeschichte versammelte und wie der geschasste Philosophiedozent Nick Land fünf Jahre später darüber den Horizont einer »Dunklen Aufklärung« aufspannte. Der Leser erhält einen Überblick über die wichtigsten Protagonisten der digitalen Reactosphere, wird eingeführt in Denkfiguren von Cathedral bis Bioleninism und lernt, das Erbe von Dark Enlightenment und Neoreaction in heutigen rechten Medienangeboten zu erkennen.
Doch ist überall, wo »Reaktion« draufsteht, auch Reaktion drin? Und wenn es so wäre – wäre das überhaupt etwas Gutes? Wie von Wegner gewohnt, werden die Antworten auf diese Fragen nicht jedem gefallen, doch sie regen in jedem Fall an und sind aufwendig recherchiert.
Nils Wegner - Neoreaktion und Dunkle Aufklärung. Die rechtslibertäre Versuchung (Fundamente 6). Jungeuropa-Verlag, Dresden 2024, 120 Seiten, Festeinband, 14,00 €.
Diesen Artikel haben wir am 28.02.2024 in unseren Katalog aufgenommen.